14.01.2021

Informationen des HPI zu neuen SARS-CoV-2-Varianten

14. Januar 2021:

Epidemiologische Untersuchungen legen nahe, dass die ursprünglich in Südostengland neu aufgetretene Variante VOC-202012/01 (auch als B.1.1.7 oder 501Y.v1 bezeichnet) eine um etwa den Fakor 1,5 höhere Übertragbarkeit aufweist. Diese Vermutung wird durch die Beobachtung unterstützt, dass sich die Variante mittlerweile auch in anderen Teilen Großbritanniens, sowie in Irland und Dänemark ausgebreitet hat.

Eine zweite Variante mit der Bezeichnung 501Y.v2 hat sich mit hoher Geschwindigkeit in Südafrika ausgebreitet. Es handelt sich dabei um die Abstammungslinie B.1.351, die sich deutlich von der Linie der britischen Variante (B.1.1.7) unterscheidet. Trotz der unterschiedlichen Abstammungslinien finden sich einige Mutationen (insbesondere diejenige mit der Bezeichnung 501Y) in beiden Varianten. Darüberhinaus weisen beide Varianten noch eine Reihe weiterer Mutationen auf. Es wird vermutet, dass die jeweilige Kombination dieser Mutationen für die rasche Ausbreitung der Varianten verantwortlich sein könnte. Die experimentelle Bestätigung dieser Vermutung steht jedoch noch aus.

Sowohl die britische, wie auch die südafrikanische Variante wurden mittlerweile mehrfach in Deutschland nachgewiesen. Es handelt sich dabei jedoch bislang ausschließlich um Reiserückkehrer oder deren unmittelbaren Kontakte. Es ist nach unserer Einschätzung daher nicht davon auszugehen, dass die Varianten in Deutschland bereits weit verbreitet sind, bzw. maßgeblich für die anhaltend hohen Fallzahlen verantwortlich sein könnten.

Nach derzeitigen Erkenntnissen geht eine Infektion mit den neuen Varianten nicht mit schwereren Krankheitsverläufen einher. Ebenso ist nicht zu erwarten, dass die verfügbaren Impfstoffe ihre Wirksamkeit verlieren. Eine erhöhte Übertragungsfähigkeit könnte jedoch zu einer deutlichen Zunahme der Fallzahlen führen. Bis zur abschließenden Klärung der Übertragbarkeit der neuen Varianten muss daher die Ausbreitung in Deutschland nach Möglichkeit verhindert oder verzögert werden. Das HPI unterstützt deshalb eindringlich den Appell zur Einhaltung der geltenden Kontaktbeschränkungen und Corona-Regelungen.

Informationen zum Vorkommen der Varianten in Hamburg:

In Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und den Hamburger Gesundheitsbehörden führt das HPI routinemäßig SARS-CoV-2 Genomuntersuchungen durch. Dabei wurde die Variante 501.v2 bisher in einem einzigen Fall nachgewiesen. Dabei handelt es sich um einen Reiserückkehrer aus Südafrika. Im Rahmen der Untersuchung mehrerer hundert Proben aus der Allgemeinbevölkerung konnten wir bislang weder die britische, noch die südafrikanische Variante nachweisen.   

22. Dezember 2020:

Nach neueren Informationen von Public Health England wurde für die neue Variante eine Reproduktionszahl berechnet, die im Vergleich zu anderen Varianten um den Faktor 0,74 (also rund 70%) höher zu liegen scheint. Datengrundlage für die Berechnung war dabei die Zunahme positiver Fälle mit der neuen Variante über die letzten Monate.

Es ist wichtig festzustellen, dass diese Zahl die Zunahme beschreibt, sie aber nicht erklärt.

In den Medien wurde die erhöhte Ausbreitungsrate vielfach mit einer um erhöhten 70% Infektiösität gleichgesetzt. Vor dem Hintergrund der jetzigen Datenlage ist diese Annahme nicht zulässig, da andere Faktoren (z.B. Superspreading Ereignisse) ebenfalls zu einer starken Zunahme der Verbreitung einzelner Varianten führen können, ohne dass diese Merkmale aufweisen, welche die Infektiösität maßgeblich beeinflussen.

Zwar ist angesichts der relativ hohen Zahl an Mutationen eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber der neuen Variante zweifellos berechtigt, es sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich bevor tatsächlich eine erhöhte Infektiösität angenommen werden kann. 

Link tzur PHE-Publikation:

assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/947048/Technical_Briefing_VOC_SH_NJL2_SH2.pdf

20. Dezember 2020:
 

Die derzeit aufgrund ihrer Ausbreitung in Großbritannien im Brennpunkt stehende SARS-CoV-2 Abstammungslinie mit der Bezeichnung B.1.1.7 ist nach unseren derzeitigen Erkenntnissen in Hamburg bislang noch nicht aufgetreten.

Ob es sich bei dieser Variante tatsächlich um einen Stamm mit erhöhtem Ansteckungspotential handelt ist noch weitgehend unklar. Nach Stand der derzeitig verfügbaren Informationen kann es sich unserer Einschätzung nach ebenso um eine im Zuge der exponentiellen Verbreitung des Erregers zufällig aufgetretene Kombination von Mutationen handeln.

Die Ausbreitung der Abstammungslinie B.1.1.7 verlangt dennoch nach erhöhter Aufmerksamkeit. Das HPI führt seit Beginn der Pandemie zusammen mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) eine stichpropenartige Überwachung der in Hamburg auftretenden SARS-CoV-2 Stämme durch und wird im Rahmen dieser Aktivitäten das Auftreten der Linie  B.1.1.7, aber auch anderer Stämme mit möglicherweise erhöhtem Infektionspotential fortlaufend überprüfen.

Weitere Informationen zu der Thematik:

Podcast mit Prof. Adam Grundhoff: https://www.youtube.com/watch?v=KWfeqQsWgkg

Kontakt HPI:

Prof. Adam Grundhoff (Leitung FG Virus Genomik & TP NGS)

Mail: adam.grundhoff(at)leibniz-hpi.de

Tel.: 040/48051-275