Vorhersage viraler Proteine
Die LIV-assoziierte Gruppe Quantitative und Molekulare Virologie von Prof. Jens Bosse (MHH, CSSB) hat eine Datenbank von Strukturvorhersagen entwickelt, die die Proteome aller menschlichen Herpesviren umfasst. Eine Beschreibung ihrer Datenbank, HerpesFolds, und der damit gewonnenen Erkenntnisse über neue Proteinfamilien wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
Es sind neun Herpesviren bekannt, die den Menschen infizieren und verschiedene Krankheiten wie Fieberbläschen, Windpocken, infektiöse Mononukleose und angeborene Störungen verursachen. Tatsächlich sind mehr als 90 % der Erwachsenen mit mindestens einem der neun humanen Herpesviren infiziert, was sie zu medizinisch wichtigen Krankheitserregern macht.
Das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Herpesviren und menschlichen Wirtszellen ist entscheidend für die Identifizierung neuer Angriffspunkte und die Entwicklung neuer antiviraler Therapien. Um die molekularen Mechanismen zu verstehen, die bei diesen Wechselwirkungen eine Rolle spielen, benötigen Forschende Strukturinformationen für jedes der 70 bis 180 viralen Proteine in einem einzelnen Herpesvirus. Für die meisten viralen Proteine liegen jedoch keine experimentellen Strukturinformationen vor, und sie sind auch nicht in der EMBL/DeepMind AlphaFold-Datenbank für Proteinstrukturvorhersagen enthalten.
Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die Bosse-Gruppe die Strukturen aller neun humanen Herpesvirus-Proteome, insgesamt 844 einzelne Proteine, vorhergesagt und in ihrer Open-Access-Datenbank HerpesFolds (www.HerpesFolds.org/herpesfolds) zur Verfügung gestellt.
„Wir haben nicht nur die Genauigkeit unserer Vorhersagen mit strengen Qualitätsbewertungen kritisch bewertet, sondern präsentieren die Strukturinformationen auch in einem Format, das für andere Forscher leicht durchsuchbar ist“, erklärt der Erstautor der Studie, Dr. Timothy Soh.
Die HerpesFolds-Datenbank liefert nicht nur Vorhersagen über die virale Struktur, sondern gruppiert diese Vorhersagen auch in Gruppen struktureller Ähnlichkeit. „Diese Funktion der Datenbank ermöglichte es uns, neue Familien zu identifizieren, wie zum Beispiel den HCMV UL112-113 Cluster, der in Alpha- und Beta-Herpesviren konserviert ist“, erklärt der korrespondierende Autor der Studie, Prof. Jens Bosse. Durch die Suche nach strukturellen Ähnlichkeiten mit zellulären Proteinen konnten die Forschenden außerdem neue Funktionen für noch nicht charakterisierte virale Proteine vorschlagen.
„Insgesamt zeigen wir, dass systemweite Strukturvorhersagen Ähnlichkeiten zwischen viralen Spezies aufdecken und potenzielle Proteinfunktionen identifizieren können“, erklärt Dr. Soh.
Die HerpesFolds-Datenbank ist frei zugänglich, und die Bosse-Gruppe hat das Feedback der Community aktiv in die Gestaltung der Datenbank einbezogen. „Wir freuen uns, ein Tool entwickelt zu haben, das von der Herpesvirus-Forschungsgemeinschaft sehr gut angenommen worden ist“, erklärt Prof. Bosse.
Aufbauend auf dem Erfolg von HerpesFold hat die Bosse-Gruppe bereits mit der Entwicklung ihrer nächsten Datenbank für Proteinstrukturvorhersagen begonnen: Vor kurzem haben sie Strukturvorhersagen für Pockenviren in ihrer PoxFolds-Datenbank veröffentlicht (https://www.poxfolds.org).
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