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Emeritierung von Prof. Dr. Wolfram Ostertag

Tuesday, 31. December 2002

Mit der Emeritierung von Prof. Dr. Wolfram Ostertag, Leiter der Abteilung Zell- und Virusgenetik, zum 31. Dezember 2002 feiert und ehrt das Heinrich-Pette-Institut an der Universität Hamburg eine renommierte Forscherpersönlichkeit Deutschlands.

Zu seinen international wegweisenden Arbeiten gehört die Erstbeschreibung der anti-retroviralen Eigenschaften von Azidothymidin (AZT) bereits im Jahre 1974. AZT wurde später im Jahre 1987 als das erste und damals einzig wirksame Medikament gegen das Retrovirus HIV für den Einsatz an AIDS-Patienten zugelassen.

Damals beschritt Prof. Dr. Wolfram Ostertag mit seiner Gruppe bereits neue Wege: er erkannte und nutzte die einzigartigen Eigenschaften von Retroviren für das gezielte Einschleusen von Erbanlagen, den Genen, in Zellen. Damit trieb er die Entwicklung von sogenannten retroviralen Vektoren entscheidend voran, Sie werden heute bei den meisten gentherapeutischen Studien als Vehikel für Fremdgene genutzt.

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschung war das blutbildende System. Das aktuell gültige Modell der Blutbildung aus Stammzellen ("Hybridmodell der Hämatopoese") prägte Wolfram Ostertag mit.

Wolfram Ostertag, geboren am 7. 12. 1937, begann sein Biologiestudium in Mainz und setzte es in den USA an der Indiana University fort. 1961 promovierte er dort 23-jährig bei Prof. Dr. H. J. Muller (Nobelpreisträger) zum Ph.D. Im Institut für Humangenetik an der Universität Münster untersuchte er als erster in Europa, wie chemische Stoffe auf Erbanlagen in Zellkulturen des Menschen einwirken, die chemische Mutagenese, und entdeckte, dass Koffein Brüche in Chromosomen verursacht.

Bereits mit 29 Jahren, im Februar 1966, habilitierte Wolfram Ostertag, wechselte an die renommierte John Hopkins University in Baltimore und arbeitete danach für 11 Jahre, bis 1979, am Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin in Göttingen. Dort beschrieb er als erster die Bildung der embryonalen Hämoglobine.

Nach einer Zeit als Arbeitsgruppenleiter am Beatson Institute in Glasgow, dessen Ehrenmitglied Wolfram Ostertag heute ist, holte ihn Prof. D. Rudolf Jaenisch (heute Abteilungsleiter am Massachusetts Institute of Technology, Boston) 1980 an das Heinrich-Pette-Institut in Hamburg. Hier leitete er 22 Jahre die Abteilung Zell- und Virusgenetik. Viele Forschungsaufenthalte in Japan stärkten die Verbindung zu japanischen Wissenschaftlern, insbesondere zu Prof. Dr. Furusawa von der Osaka City University.

Professor Ostertag beschritt als Wissenschaftler oft unkonventionelle Wege. Dabei blieb er nie im Elfenbeinturm, sondern förderte innovativ die praktische Umsetzung wissenschaftlicher Ergebnisse. Er initiierte zusammen mit anderen Wissenschaftlern, Ärzten und Unternehmen die Gründung verschiedener Firmen wie EUFETS in Idar-Oberstein oder Cell-Tec und VISION 7 in Hamburg.

Wolfram Ostertag wird sich auch nach seinem Ausscheiden aus dem Heinrich-Pette-Institut auf dem Gebiet der Stammzell- und Gentherapie betätigen. Gemeinsam mit Dr. Carol Stocking vom Heinrich-Pette-Institut möchte er ein internationales Netzwerk für die Arbeit an Stammzellen aufbauen, an dem weltweit führende Wissenschaftler mitarbeiten sollen. Im Rahmen seiner jüngst verliehenen Honorarprofessur an der Medizinischen Hochschule in Hannover wird er sich diesem neuen Ziel widmen.