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Erste Etappen einer gefährlichen Rundreise

Friday, 13. August 2004

- Wissenschaftler des HPI entschlüsseln frühe Schritte der Hepatitis B-Infektion -

Mit Hilfe eines neuen sensitiven Untersuchungssystems für Hepatitis B-Viren gelang es Dr. Hüseyin Sirma, dem Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare Virologie aus der Abteilung für Allgemeine Virologie des HPI, und seiner Mitarbeiterin Anneke Funk, erstmals frühe kritische Schritte der Hepatitis B-Infektion in primären Leberzellen zu entschlüsseln.

Die Wissenschaftler nutzten das Hepatitis B-Virus der Ente als Modellsystem für ihre Untersuchungen und entwickelten hochempfindliche Bindungstests, um die ersten Schritte der Virusinfektion zu skizzieren.

Zunächst lagert sich das Virus an die Entenleberzellen an. Dr. Sirma und seine Mitarbeiter erkannten, dass den Viren hierfür pro Leberzelle nur ca. 10.000 Bindungsstellen zur Verfügung stehen. Da bei einer Infektion auf 1000 "defekte" Viren, die kein virales Erbgut enthalten, nur 1 intaktes infektiöses Virus entfällt, binden nur ca. 10 infektiöse Hepatitis B- Viren an eine Leberzelle. Dieses Bindungsereignis mit Hilfe hochauflösender elektronenmikroskopischer Methoden sichtbar zu machen, gleicht der sprichwörtlichen Suche einer Stecknadel im Heuhaufen.

Bereits eine Stunde nachdem die Viren sich an ihre Wirtszellen angelagert haben, sind ca. 70 % der Viruspartikel in die Zellen aufgenommen. Nach drei Stunden befinden sich alle Partikel in der Leberzelle. Nun beginnt ein Zeitraum von ca. 14 Stunden, in denen die Viruspartikel in Richtung Zellkern wandern, wo sie die Leberzelle zwingen werden, massenhaft Virusnachkommenschaft zu bilden.

Die Arbeitsgruppe entdeckte, dass Hepatitis B-Viren ein ausgeklügeltes Straßensystem in Richtung Zellkern nutzen. Dieses Straßensystem besteht aus so genannten Mikrotubuli. Sie durchziehen die Zelle wie Verkehrswege und auf diesen Pfaden gelangt das Erbgut des Hepatitis B-Virus - umhüllt mit schützenden Kapsideiweißen - in den Kern der nun infizierten Leberzellen. Entlang dieser Verkehrswege sitzen winzige Hochleistungsmotoren - Dynein-Eiweiße genannt -, deren Kraft die Viren für ihren gerichteten Transport ausnutzen.

Diese faszinierenden ersten Einblicke in die Biologie der frühen Hepatitis B-Infektion sind Basis einer Förderung durch die Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Arbeitsgruppe um Dr. Hüseyin Sirma. Die Gruppe erhält für die nächsten drei Jahre eine Postdoc-Stelle sowie Sachmittel. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die initialen Schritte der Hepatitis B- Virusinfektion am Modell des entsprechenden Enten-Hepatitis B-Virus ultrastrukturell, biochemisch und zellbiologisch weiter zu untersuchen. Aus diesen Erkenntnissen über die frühen und verwundbaren Schritte wie die Bindung des Virus an Leberzellen, über sein Eindringen und den Transport in Zellen lassen sich neue effektive Therapieansätze ableiten.

Für weitere Informationen: Dr. Hüseyin Sirma