Arbeitsgebiete

Als zeitgenössisches Retrovirus repliziert das Humane Immundefizienz Virus (HIV) durch Integration proviraler DNA in das Genom infizierter Zellen. Dieser außergewöhnliche virale Lebenszyklus birgt einige Besonderheiten. Die Transkription von integrierten proviralen Sequenzen kann unterdrückt werden und ein latentes Virusreservoir entstehen. Dieses Reservoir in meist langlebigen Immunzellen wird als größte Hürde gesehen, um eine vollständige Eradikation des Virus nach vorausgegangener Infektion zu erlangen. Desweitern akkumulieren chronisch HIV-infizierte Patienten eine Anzahl an defekten proviralen Sequenzen in den Genomen der HIV-Zielzellen. Welche Auswirkungen diese Sequenzen auf die Wirtszellen haben, ist noch weitestgehend unbekannt.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auch auf der Analyse allgemeiner Veränderungen in der Genombiologie. Um diese zu erfassen, untersuchen wir die Regulation von humanen endogenen retroviralen (HERV) Elementen im Kontext der Infektion mit HIV. Diese Elemente sind Relikte uralter retroviraler Infektionen im Rahmen der menschlichen Evolution, die in unserem Genom tausende viral-abstammende Sequenzen hinterlassen haben.

Crosstalk der proviralen DNA mit dem menschlichen Genom bei chronischer HIV-Infektion  

Eines unserer Ziele ist es, besser zu verstehen, wie die Landschaft der proviralen Integrationsstelle bei einer chronischen HIV-Infektion beschaffen ist und insbesondere, wie diese zur Regulierung der proviralen und zellulären Transkription beiträgt. Generell möchten wir verstehen, wie sich die provirale HIV-DNA-Integration auf die Physiologie der Wirtszelle auswirkt.  

Wir gehen diese Fragen auf unterschiedliche Weise an. Erstens nutzen wir bioinformatische Ansätze, um einen umfassenden Überblick über die Verteilung und die Merkmale der proviralen Integrationsstellen bei chronischer HIV-Infektion zu gewinnen. Wir stellen Daten aus mehreren Studien zusammen, die wir einer genomweiten Analyse unterziehen, wobei der Schwerpunkt auf epigenetischen und genetischen Merkmalen liegt, die mit der proviralen Integration in Verbindung stehen. Zweitens setzen wir eine Reihe von molekularbiologischen Techniken ein und nutzen ortsspezifische Targeting-Technologien, um geeignete zelluläre Modellsysteme zu erzeugen. Unser Schwerpunkt liegt auf der Analyse lokaler und genomweiter epigenetischer und transkriptioneller Veränderungen, die durch provirale Integration hervorgerufen werden. Zudem weiten wir unsere Arbeit auch auf primäre Zellen von HIV-infizierten Personen aus, um unsere Erkenntnisse zu überprüfen.  

Insgesamt erwarten wir, dass unsere Studien unser Verständnis der Biologie der HIV-Infektion und insbesondere der Auswirkungen einer chronischen Infektion auf die menschliche Wirtsphysiologie fördern werden. Dieses Verständnis wird letztendlich entscheidend sein, um klinische Ansätze und therapeutische Strategien zu optimieren. 

Regulierung humaner endogener Retroviren (HERVs) bei HIV-Infektionen und Erkrankungen des Menschen 

Neben dem gegenwärtigen Retrovirus HIV wollen wir auch verstehen, wie alte retrovirale Elemente in unserem Genom, die so genannten HERVs, reguliert werden und im Zusammenhang mit verschiedenen pathologischen Erscheinungen funktionieren. Modernste Methoden ermöglichen heute HERV-spezifische Expressionsanalysen und die Charakterisierung epigenetischer Profile auf genomweiter Ebene. Mit Hilfe der NGS-Technologie und angepasster Bioinformatik-Pipelines führen wir HERV-Profiling in Verbindung mit integrativer Multiomics-Analyse durch, um einen detaillierteren Einblick in die regulatorischen HERV-Netzwerke und die Dynamik der HERV/Mensch-Interaktionen zu erhalten.  

Unser Hauptaugenmerk liegt auf Veränderungen der HERV-Profile bei akuter und chronischer HIV-Infektion. Darüber hinaus weiten wir unsere Arbeit auf HERV-vermittelte Effekte in einem breiteren Kontext aus und erforschen weitere pathologische Zustände, wie zum Beispiel die maligne Proliferation.

Entwicklung zellspezifischer Vektoren für effiziente Gen- und Immuntherapien in hämatopoetischen Zellen

Ein weiterer Teil unseres Teams arbeitet an der nächsten Generation viraler Vektoren für Gentherapie-Anwendungen. Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf Vektoren, die in vivo Zellen des hämatopoetischen Systems anvisieren, ein Bereich, dem bisher effiziente Methoden zur Genübertragung fehlen. Wir haben gezeigt, dass die genetische Modifikation von Adeno-assoziierten Virus (AAV)-Kapsidproteinen mit zielzellspezifischen Nanobodies (kleine Antikörper, die von Lamas abgeleitet sind) hochspezifische Vektoren im Vergleich zu ihren natürlichen Serotyp-Gegenstücken erzeugt. Durch die Weiterentwicklung dieser Nanobody-AAVs erweitern wir diese technologische Plattform auf verschiedene AAV-Serotypen, nutzen verschiedene hämatopoetische und immunologische Oberflächenmarker, um gezielt unterschiedliche Zelltypen zu infizieren, und bewerten ihre Leistung im Vergleich zu natürlichen Serotypen sowohl in primären Zellkulturen als auch in vivo in humanisierten Mausmodellen. Diese Vektoren könnten potenziell breite Anwendungen in Gen- und Immuntherapeutischen Interventionen haben.

Kontakt

Dr. Dr. Ulrike Lange

Nachwuchsgruppenleiterin

Telefon: +49 (0)40 48051-261

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